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„Gleiche Chancen unabhängig von der Herkunft“

 

Karl-Heinz Stengel (66), seit 2003 ehrenamtlicher Präses des CVJM Deutschland, übernimmt in diesem Jahr die Schirmherrschaft über die »Freizeitpaten«. Die Aktion des CVJM-Ostwerks möchte Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien Ferien ermöglichen. Zum Feriendorf des CVJM-Ostwerks, der PerspektivFabrik nahe Brandenburg an der Havel, hat Karl-Heinz Stengel einen besonderen Bezug: Im Interview erinnert er sich an die Eröffnung der PerspektivFabrik sowie eine seiner ersten CVJM-Freizeiten – und erklärt, warum ihn die für sein Leben geprägt haben.

 

Karl-Heinz, jedes fünfte Kind in Deutschland ist arm. Das besagt eine Studie aus dem vergangenen Jahr*. Auch wenn die Grundversorgung gelinge, heißt es da, seien diese Kinder vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelt. Ins Kino gehen oder in den
Urlaub fahren – das ist einfach nicht »drin«. Warum unterstützt du die Aktion »Freizeitpate« in diesem Jahr?

Ich unterstütze diese Aktion von Herzen gerne. Ich war schon bei der Eröffnung der PerspektivFabrik dabei und habe mir damals Gedanken gemacht, wie dieser Ort mit konkretem Leben vor allem mit jungen Menschen erfüllt werden kann. Mit großer Freude habe ich dann verfolgt, dass ein ganz großer Schwerpunkt die Freizeiten mit über 700 Kindern im Jahr sind, von denen viele aus benachteiligten Verhältnissen kommen. Diese Kinder leben vielfach in Wohngegenden, wo sie nicht viele Freiräume haben, und dann kommen sie auf dieses herrliche Gelände in Mötzow. Da muss ihnen ja schon beim Ankommen das Herz aufgehen. Wenn sie dann noch in so großartiger
Weise sozialpädagogisch betreut werden, sie Impulse zum Glauben erhalten – dann finde ich das mehr als unterstützenswert. Bei den Freizeiten in Mötzow haben alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, die gleichen Chancen auf eine faszinierende und spannende Ferienwoche. Das ist großartig!

 

Kannst Du Dich noch an Deine erste CVJM Freizeit erinnern?
Ich kann mich an eine der ersten Freizeiten erinnern, die ich im Waldheim vom CVJM Heidelberg verbracht habe als Zehn- oder Elfjähriger. Ich war ein sehr aktiver junger Mensch und alles, was auf einer Freizeit angeboten wurde – Waldspiele, Sport, Fußball –, das hat mich fasziniert. Und wenn’s darum ging, irgendwelche Streiche auszuhecken, da war ich immer vorn dabei.

 

Was zählt zu deinen eindrucksvollsten Erlebnissen auf einer Freizeit?
Ich habe mich einmal bei einer Freizeit ziemlich unfair gegenüber einem Mitspieler bei einem Fußballspiel verhalten. Heute noch kann ich mich gut an das Gespräch danach mit dem Jungscharleiter erinnern. Ich war unwahrscheinlich dankbar, dass er mich nicht nach Hause geschickt hat, sondern mir einen Vertrauensvorschuss gewährt hat. Das wäre für mich eine Katastrophe gewesen, wenn ich frühzeitig hätte nach
Hause fahren müssen. Meine Eltern dann zu erleben ... (lacht)

 

Mehr zur Aktion Freizeitpate

Jedes fünfte Kind in Deutschland ist arm.© Irina Schmidt/Adobe Stock

Das CVJM-Ostwerk ermöglicht Kindern aus sozial benachteiligten Familien Ferien.

 

Seit 1967 engagierst Du dich ehrenamtlich im CVJM. Als Jungschar-, Jungenschaftsleiter und Sportmitarbeiter, hast viele Freizeiten für junge Menschen initiiert und geleitet. Welche Erfahrung wolltest du den Teilnehmern gern ermöglichen?
Ich glaube die Erlebnisse, die mich selbst so stark geprägt haben: Gemeinschaft erleben, viele tolle Aktivitäten wie Lagerolympiaden, Sport, Grenzerfahrungen bei Wanderungen. Mit 18 Jahren bin ich zum Glauben gekommen. Ab diesem Zeitpunkt war es für mich wichtig, dass junge Menschen im CVJM die Chance haben, Jesus kennenzulernen und ihm zu begegnen.

 

Inwiefern haben diese Freizeiterfahrungen dein Leben geprägt?
Was auf den Freizeiten gewachsen ist, sind Freundschaften mit anderen Teilnehmern. Das Miteinander, die gemeinsamen Erlebnisse bleiben in Erinnerung und waren prägend. Auch der Vorbildcharakter von Leitern wie zum Beispiel dem Jungscharleiter, von dem ich erzählt habe, waren für mich wichtig. Ich fühlte mich auf den Freizeiten angenommen, habe Wertschätzung erfahren, konnte mich in vielen Dingen ausprobieren, meinen sportlichen Ehrgeiz »austoben«. Da meine Eltern nur einmal mit mir in den Urlaub fuhren, waren Freizeiten für mich besondere Zeiten an unbekannten, spannenden Orten. Sie waren die Höhepunkte des Jahres.

 

Vielen Kinder, die auf die Sommerfreizeiten des CVJM-Ostwerks fahren, ist der christliche Glaube fremd. Was denkst du, welche Chancen bieten sich dadurch?
Jeder junge Mensch trägt das Bedürfnis in sich, dass er als Persönlichkeit wahrgenommen und wertgeschätzt wird, sich angenommen fühlt. Er sehnt sich nach tragfähigen, ehrlichen Beziehungen. Ich glaube, dass die Freizeiten des CVJM-Ostwerks das leisten können. Die Kinder können authentische Leiterinnen und Leiter, die mit ihnen toben und auch Jesus-Geschichten erzählen, erleben. Über 700 Kinder haben die Chance, bei den Sommerfreizeiten in Mötzow mit dabei zu sein. Dies gelingt, wenn wir viele »Ermöglicher« finden. Ich lade herzlich ein, Freizeitpate zu werden, damit viele Kinder auch 2018 die Chance auf eine faszinierende Freizeit erhalten. Es wäre großartig, wenn wir es gemeinsam ermöglichen können. Natürlich ist eine Freizeit zeitlich begrenzt. Deshalb müssen wir miteinander darüber nachdenken, wie man die jungen Menschen im Anschluss an die Freizeiten in Kontakt zu örtlichen CVJMs und zu Gruppen christlicher Jugendarbeit bringen kann.


Das Interview ist im CVJM Magazin für das CVJM-Ostwerk, Ausgabe 03/18 erschienen.